WEB.DE Energie nimmt Gestalt an

Seit Februar 2016 hat Kreutzer Consulting regelmäßig über die Fortschritte bei der Entwicklung eines eigenen Energieangebots von 1&1 berichtet. Nach Gründung im Januar und ersten vertrieblichen Ansätzen im August hat das Unternehmen mit der Vertriebsmarke „WEB.DE Energie“ nun den operativen Vertrieb aufgenommen und dafür immense Presseresonanz erfahren.

Zwar ist der Einstieg eines Telekomunternehmens in den Energievertrieb keine Sensation, schließlich gibt es auch andere Unternehmen mit Hintergrund aus der Telekom-Branche, die in die Energielieferung eingestiegen sind, ein so großes Unternehmen wie 1&1 mit Millionen von Kunden war aber noch nicht dabei. Bemerkenswert ist aber, dass das Unternehmen anscheinend genau das plant, was die Energiebranche bereits seit geraumer Zeit diskutiert und fürchtet: Einerseits der Zugang zu Millionen von eigenen Kunden über vorhandene Kommunikationskanäle und andererseits der Aufbau einer umfassenden Produkt- und Dienstleistungswelt rund um Telekommunikation und Energie.

Bevor wir aber die Zukunftspläne des Unternehmens beleuchten, lohnt ein Blick auf die aktuellen Angebote des Unternehmens, die nun auf der Seite energie.web.de eingesehen und abgeschlossen werden können.

Das Produktportfolio umfasst derzeit die drei Tarife:

  • „Strom Flex“ hat keine Mindestvertragslaufzeit und kann monatlich gekündigt werden. Für einen Preisaufschlag erhält der Kunde das Produkt auch als Ökostromvariante.
  • „Strom Bonus“ hat eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr und enthält einen verbrauchsabhängigen Neukundenbonus von bis zu 350 Euro. Das Produkt ist deutlich unterhalb der Grundversorgungstarife positioniert, aber immer noch teurer als Angebote von Discountern bei Vergleichsportalen.
  • „Strom Kombi“ bietet neben dem Ökostromangebot ein iPad Air 2 16 GB, das im Handel ab 330 Euro erhältlich ist. In dem Kombitarif bindet sich der Kunde für zwei Jahre und erhält eine entsprechende eingeschränkte Preisgarantie. Das Tablet zahlt der Kunde über einen erhöhten Grundpreis ab, der einen monatlichen Abschlag über 15 Euro für das Tablet beinhaltet. Damit kostet das Tablet über zwei Jahr 360 Euro, die auch bezahlt werden müssen, wenn der Stromliefervertrag vorzeitig beendet werden sollte.

Die untenstehende Tabelle zeigt, wie sich die Tarife in einer Beispiel-PLZ voneinander unterscheiden.

Preisbeispiel WEB.DE Strom

PLZ: 67346*
Verbrauch: 4.000 kWh

Strom Kombi**
(Ökostromtarif)

Strom Bonus Strom Flex
Arbeitspreis 23,52 Cent/kWh 24,79 Cent/kWh

22,65 Cent/kWh
(Ökostrom-Option:
23,01 Cent/kWh)

Grundpreis (jährlich) 282 Euro 109 Euro 82 Euro
Bonus iPad Air 2 Wi-Fi 16GB 269 Euro --
Gesamtpreis im 1. Jahr 1.241 Euro
abzgl. 12 x 15 Euro
= 1.061 Euro
831 Euro 988 Euro
(1.002 Euro)
Ersparnis ggü.
Grundversorgung
im 1. Jahr
(SW Speyer: 1.190 Euro)
130 Euro 359 Euro 203 Euro
(188 Euro)
Preis ohne Bonus -- 1.100 Euro --
Rohmarge im 1. Jahr
(Marge, Vertriebs- &
Beschaffungskosten)
206 Euro 13 Euro

145 Euro
(157 Euro)

 
* Am 28.09.2016 In der PLZ 67346 (Stadt Speyer) entsprechen die Netzentgelte dem gewichteten Bundesdurchschnitt, sodass ein Vergleich bundesweiter Preise ermöglicht wird.
**Im Tarif „Strom Kombi“ wird ein monatlicher Preis für das Tablet von 15 Euro angenommen. Um die Ersparnis ggü. dem Grundversorger darzustellen, werden diese Kosten vom Gesamtpreis im 1. Jahr abgezogen.

 

Die ersten Angebote stellen noch keine Innovation dar, sondern entsprechen eher den aktuell gängigen Tarifkonzepten. Tablets und Smartphones gibt es bereits seit längerer Zeit bei Unternehmen wie Yello Strom oder der badenova, wo sich das Zuzahlungsmodell bewährt zu haben scheint.

Vertrieb über eigene Kanäle

Vertrieblich hält man sich bisher an die eigenen Kanäle. Neben der Werbung in web.de-Freemail-Postfächern, die sukzessive allen Kunden zugänglich gemacht werden soll, hat das Unternehmen das Stromangebot auch im Menü der Portalseite von web.de platziert. Ein paralleles Angebot soll auf gmx.de folgen. In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung betonte Jan Oetjen, CEO der Muttergesellschaft United Internet, dass man über die insgesamt 60 Mio. E-Mail-Postfächer zahlreiche, bisher wechselfaule Haushaltskunden erreichen wolle. Der Wechsel des Stromanbieters werde wahrscheinlicher, da die Kunden sowieso online seien, wenn ihnen das neue Angebot angezeigt werde. Andere Vertriebskanäle wie Vergleichsportale oder den Direktvertrieb nutzt das Unternehmen derzeit nicht. Auch einschlägige Online-Werbung etc. ist bislang nicht aufgefallen.

Mehrwert durch smarte Services

Perspektivisch wird sich United Internet aber nicht mit dem reinen Stromverkauf begnügen. Der Konzern will mit dem herkömmlichen Energievertrieb eine Kundenbasis aufbauen, um diesen später auch Smart Meter und darauf aufbauende Dienstleistungen anbieten zu können. In der Süddeutschen Zeitung wird 1&1-Geschäftsführer Jan Oetjen mit den Worten zitiert: "Einen intelligenten Stromzähler kann nur einbauen, wer den Kunden mit Strom versorgt. Diesen Zugang wollen wir uns nun mit einem ersten Schritt sichern."

Das ist zwar inhaltlich nicht korrekt, da man Messstellenbetreiber sein muss, um einen Smart Meter einzubauen, nicht aber Lieferant. Dennoch deutet diese Aussage darauf hin, dass das Unternehmen im Energiemarkt noch viel vorhat und mit Dienstleistungen im Bereich Hausautomation, Elektromobilität und wohl auch noch darüber hinaus bei den Kunden punkten möchte.

Letztlich zeichnet 1&1 damit vor, wie das Leistungsportfolio der Energiebranche in Zukunft aussehen könnte. Da das Unternehmen aber bislang noch keine der angekündigten Produkte eingeführt hat und davon auszugehen ist, dass dies auch noch etwas dauern wird, lässt sich weiterhin nicht sagen, welche Strategie erfolgreich sein wird. Dennoch deutet sich nun an, dass branchenfremde Unternehmen verstärkt in den Energiemarkt vordringen werden und dabei auch darauf setzen, die Belieferung der Kunden mit Strom und Gas zu übernehmen.

Energieversorger sehen sich daher einem wachsenden Wettbewerb gegenüber, der sich schnell entwickeln und die Zukunftsthemen wohl mutig und unbelastet angehen wird. Versorger sollten sich nun zügig auf diese Entwicklungen einstellen und ihre eigenen Zukunftsstrategien entwickeln und schnell mit der Umsetzung beginnen.

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